Das Wohnmobil – ein historischer Rückblick

Published On: 24. November 2022

„Ich glaube an das Pferd, das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung.“ Dieses Zitat wird Wilhelm II. zugeschrieben. In seiner Zeit als Regent 1888 bis 1918 war er der letzte Deutscher Kaiser und König von Preußen. Rückblickend wissen wir: Die Geschichte hat die Prognose überholt. Doch ist es eine spannende Geschichte … die Story von den ersten motorisierten Vehikeln bis zum modernen Wohnmobil.

0,75 Pferdestärken

Sage und schreibe 0,75 PS und einen Hubraum von 954 cm³ hatte das erste Automobil: der Benz Patent-Motorwagen, der erstmals 1885 auf der Bildoberfläche erschien, also kurz bevor Wilhelm II. auf den Thron stieg. Den sogenannten Benz Patent-Motorwagen meldete Carl Benz am 29. Januar 1886 als „Fahrzeug mit Gasmotorenbetrieb“ zum Patent an. Er hatte übrigens nur drei Räder und seine Optik zeigt deutlich seine Herkunft von der Kutsche.

The missing Link: ein Auto mit Anhänger

Rund ein Viertel Jahrhundert dauerte es, bis das Automobil, das sich unterdessen munter weiterentwickelte und den Pferdefuhrwerken den Rang ablief, um einen Anhänger erweitert wurde. So findet sich in einer historischen Zeitschrift ein Auto, das einen Anhänger zieht, darin Bett und eine kleine Küche – wir schreiben das Jahr 1909.

Das erste Wohnmobil

Wenig später, 1910, begann die Verschmelzung der Vehikel: Auf das Fahrgestell eines Autos baute man eine simple Holzkonstruktion: Die Geburtsstunde des ersten Wohnmobils. Grundlage war ein 3-Tonnen-Packard-LKW, der durch seinen Ausbau elf Leuten Platz bot. Mit etwa 8,5 m Länge und 2 m Breite hatte er auch für eine Toilette und einen kleinen Salon Platz.

Wohnmobile mit Bücherregalen, Kühlschrank und Elektroherd

Ab Mitte der 1920er Jahre blühte die Begeisterung für Wohnmobile zusehends auf, was sich auch am Design zeigte. Sie wurden immer größer. Manche glichen eher Häuschen auf Rädern und wurden nach Maß gefertigt.

Ein spezielles Wohnmobil, das der Erwähnung wert ist, baute Leonard S. Whittier 1927. Ausgestattet mit Bücherregalen, Waschbecken, Kühlschrank, Korbstühlen und Elektroherd ließ es für die damalige Zeit keine Wünsche offen – und wohl auch nicht nach heutigen Maßstäben. Mit der zunehmenden Etablierung des Autos trieben die Hersteller im Laufe der 1930er Jahre die Produktion von Wohnwagen voran.

Wohnmobile in der ersten Blütezeit

Mit jedem weiteren Jahrzehnt nahm der Verkehr zu – und auch der Wohlstand. Die breite Bevölkerung konnte sich Autos leisten – und zunehmend auch Wohnmobile. Die 1950er Jahre waren die erste Hochphase für Wohnmobile und -wagen. Es gab ein- und auch zweistöckige Modelle, die immer besser ausgestattet waren. Die Gefährte erfüllten die Reisesehnsüchte von Urlaubern, die den Weg aus der Stadt in die Natur suchten.

Der Markt für Wohnmobile blühte, mehr Ausstattung und Komfort waren gern gesehen: Kühlschrank, Doppelverglasung, Heizung. Nichts sollte fehlen. In den Fabriken waren Überstunden angesagt, denn die Nachfrage war immens.

Wohnmobile in den 80er und 90er

Der Trend hielt auch in den folgenden Jahrzehnten an und der Wohnmobiltourismus festigte seinen noch jungen Status als eigenständige Urlaubsform. Natürlich gab es Fortschritte in puncto Technik, Funktionalität und Design. Eine gemütliche Inneneinrichtung und Alkoven erfreuten sich großer Beliebtheit. Der Mauerfall inklusive die neu gewonnenen Reisemöglichkeiten gaben dem Wohnmobiltourismus einen weiteren Schub, der einige Jahre andauerte.

Variantenreich: Wohnmobile, Campingbusse, Caravane im neuen Jahrtausend

Ab 2000 verkauften sich insbesondere ausgebaute Campingbusse immens. Innovationen gaben sich die Klinke in die Hand und sowohl High-Class als auch immer preiswertere und kinderfreundlichere Modelle kamen auf den Markt. Bestes Beispiel: Ein Alkovenmobil von Dethleffs mit Doppelboden und Platz für eine sechsköpfige Familien samt Gepäck bei einer Länge von rund 8,50 Metern. Ob teilintegrierte Modelle, Doppel-Hubbett oder Stockbetten, die sich elektrisch bis an die Decke heben lassen – an Ideen, wie man die Raumnutzung optimiert, fehlte es nicht.

Die nächste Entwicklungsstufe: das digitalisierte Wohnmobil

Die Perfektionierung ging bis ins Heute munter weiter. Die größten Neuerungen sind dabei die fortschrittliche Technologisierung und Digitalisierung. So ist heute beispielsweise die Steuerung der Bordtechnik per Smartphone meist schon Standard. Gas-Füllstandsmessung und Bedienung der Wasserheizung – alles ist möglich.

Auch wenn die Formen und Ausstattungen sich im Laufe von rund 130 Jahren gewandelt haben – der Wunsch, ganz unabhängig und individuell zu reisen und überall sein Zuhause mitnehmen zu können, ist derselbe geblieben. Sicher ist: Wohnmobile, Campingbusse, Caravane und Co. werden auch die Fahrt ins nächste Jahrhundert schaffen.